sichtbeton-ebenheit

Toleranzen im Hochbau (hier: Sichtbeton)

Ebenheitsabweichungen
Bei der Planung und Ausführung von Bauwerken aus Sichtbeton kommt es trotz erhöhter Sorgfalt im gesamten Bauprozess immer wieder zu wahrnehmbaren Abweichungen vom Planungs-Soll. Diese Abweichungen lassen sich bis zu einem gewissen Grad nicht grundsätzlich vermeiden, sondern kön-nen durch definierte Qualitätsanforderungen lediglich minimiert werden. Hier möchte ich die wesentli-chen Qualitätsmaßstäbe zur Sichtbeton-Planung in Bezug auf Maßabweichungen von Länge und Ebene darstellen und an einem Beispiel erläutern.

Ebenheitsabweichungen nach DIN
Im Abs. 3.1.2 der DIN 18331: 2019-09 VOB/C „Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (ATV) – Betonarbeiten“ [1.3] wird darauf hingewiesen, dass Abweichungen gemäß DIN 18202 („Toleranzen im Hochbau – Bauwerke) in bestimmten Grenzen zulässig sind.

Die DIN 18202 „Toleranzen im Hochbau – Bauwerke“ [1.1] verwendet seit der Zusammenfassung von DIN 18201: 1997-04 und DIN 18202: 1997-04 im Jahre 2005 nicht mehr den Begriff der Toleranz und ersetzt diesen durch „Abweichung“. Im folgenden Text wird Toleranz synonym verwendet.

DIN 18202: 2005-10 (ALT) „Ebenheitsabweichung“ „Winkelabweichung“

DIN 18202: 1997-04 (ALT) „Ebenheitstoleranz“ „Winkeltoleranz“

Die derzeit gültige Fassung stammt aus April 2013 und enthält hauptsächlich redaktionelle Änderungen im Vergleich zur vorangegangenen Norm. Wesentliche inhaltliche Veränderungen gibt es nicht. Nachfolgende Normverweise beziehen sich auf dieses Ausgabedatum.

Werden bezüglich der Oberflächenqualität bzw. Toleranzen von Decken und Wänden keine besonderen Vereinbarungen getroffen, so ist die DIN 18202 als anerkannte Regel der Technik zur qualitativen Bewertung heranzuziehen.

Die Qualitätsstufe liegt hierbei bei einer „durchschnittlich üblichen Ausführungsart“ welche eine gewisse Genauigkeit bei „üblicher Sorgfalt“ erreicht (DIN 18202 Abs. 4.3).

Es bleibt hierbei grundsätzlich zu beachten, dass es sich bei dieser Norm im Wesen um eine „Passungsnorm“ handelt, welche während der Bauausführung gewisse Qualitätsanforderungen sicherstellt, um einen reibungslosen Bauablauf zu gewährleisten (z. B. Einhaltung von Rohbaumaßtoleranzen für einen darauffolgenden Fenstereinbau).

Explizit wird in dieser Norm darauf verwiesen, dass die Einhaltung von Toleranzen nur zu überprüfen sei, „wenn es erforderlich ist“ (DIN 18202 Abs. 6.1). Diese Erforderlichkeit resultiert aus der „vorgesehenen Funktion“ des Bauteils. Sollte also die Funktion des betrachteten Bauteils erfüllt sein (dazu gehört auch die optische, ästhetische Funktion), ist keine Toleranzprüfung notwendig. Bei der „ästhetischen“ Bewertung bleibt zu beachten, dass ein der Nutzung entsprechender üblicher Betrachtungsabstand zur Beurteilung gewählt wird.

Nur weil die Genauigkeiten nicht vollständig den zulässigen Toleranzen (Abweichungen) der DIN 18202 entsprechen, sind Abweichungen von Bauteilen, welche die Funktion oder die Gestaltung nicht beeinflussen, kein Anlass von Beanstandungen. Eine stichprobenartige Prüfung reicht demzufolge aus, und dies während bzw. spätestens nach Herstellung eines Gewerkes und nicht erst bei der Abnahme („Mängel“ während der Abnahme „suchen“).

Lediglich bei optischer Beeinträchtigung, bei der die Abweichungen sehr auffällig sind oder wenn Passungsfunktionen erfüllt werden müssen (z. B. Sichtbeton Fertigteile), ist eine Prüfung erforderlich.

Werden an die Ebenheit „erhöhte Anforderungen“ gegenüber DIN 18202, Tabelle 3, Zeile 1 oder 5 für „nicht flächenfertige Wände und Decken“ oder sonstige erhöhte Anforderungen an die Maßhaltigkeit gegenüber den in den genannten Normen aufgeführten Werten gestellt, so sind die zu treffenden Maßnahmen „Besondere Leistungen“, welche gesondert vereinbart und vergütet werden müssen. Darauf wird innerhalb der Norm unter Abs. 5.4 hingewiesen.

Neben den Qualitätsanforderungen aus DBV-BDZ Merkblatt Sichtbeton, DIN 18331 und DIN 18202, gelten für Betonfertigteile zusätzlich die „Allgemeinen Regeln für Betonfertigteile“ der DIN EN 13369: 2004-09.

Ebenheitsabweichungen nach DBV-BDZ Merkblatt Sichtbeton
Die DIN 18202 führt in Tabelle 3 Zeile 7 (siehe Tab. 2.4) für „flächenfertige Wände“ unter „mit erhöhten Anforderungen“ zulässige Abweichungen von 2 mm bei einem Messpunktabstand von 0,10 m und 3 mm Differenz bei einem Messpunktabstand von 1,0 m auf.

Innerhalb der DIN 18202 wird unterschieden zwischen:

  • nicht flächenfertige Oberflächen: Rohbau
  • flächenfertige Oberflächen: geputzte Wände, Decken

Vergleicht man die genannten Toleranzen der o. g. DIN-Norm mit dem DBV BDZ Merkblatt Sichtbeton, so lässt sich feststellen, dass dort für die Sichtbetonklassen SB 1 und SB 2 zulässige Differenzen beschrieben werden, welche die DIN 18202 nur für „nichtflächenfertig“ gestattet.

Hinsichtlich dieses Vergleiches stellt sich die berechtigte Frage, ob eine Sichtbetonwand eine Rohbauwand ist oder nicht doch eine flächenfertige (i.d.R. unbehandelte) Wand. Diese Unklarheit kann zu einer Konfliktsituation zwischen Auftragnehmer (ausführendes Gewerk) und Auftraggeber (Bauherr) führen.

Grenzwerte für Ebenheitsabweichungen

(Auszug aus Tabelle 3, DIN 18202: 2005-10 bzw. 2013-04)

ANMERKUNG: Höhere Anforderungen sind gesondert zu vereinbaren. Dafür erforderliche Aufwen-dungen und Maßnahmen sind vom AG detailliert festzulegen. Höhere Ebenheitsanforderungen, z. B. nach DIN 18202 Tab. 3 Zeile 7 – (3 mm/1 m) sind nicht zielsicher erfüllbar.

Zulässige Abweichungen der Sichtbeton Ebenheit gemäß BDV-BDZ Merkblatt Sichtbeton 2015

Empfehlungen

Abweichung zu Tab. 2.5 sollten folgende Werte vereinbart werden:

SB1: flächenfertig 5 mm/1 m
SB2, SB3 und SB4 flächenfertig mit erhöhten Anforderungen, d. h.: 3 mm/1 m