ausschreibung

Sichtbeton-Ausschreibung: Hinweise

Vor Beginn der Planung und Ausschreibung ist zwischen dem Bauherren und dem Planer ein „Anforderungsprofil“ zu erstellen, das gemeinsam als Protokoll zu unterschreiben ist. (Muster: siehe Kapitel 3.1.1.1.5)

Ein Schalungsmusterplan soll u.a. darzustellen:

  • Sichtbetonklasse (SB1, SB2, SB3, SB4)
  • Betonfarbton (z. B. farbiger Beton)
  • Betonrezeptur (Betoningenieur)
  • Schalhautklassen (glatt, strukturiert, texturiert)
  • Ausbildung der Schalelemente, -stöße
  • Schalhautbefestigung (Nagel- und Schraublöcher)
  • Plattenstöße (Schließung, Grate)
  • Bauteil- und Dehnungsfugen
  • Schattenfugen (Flächengliederung)
  • Arbeitsfugen (Zeit- und Betoniermöglichkeit)
  • Fugenaufteilung (Ansichtszeichnungen)
  • Schalungsanker (Ansichtszeichnungen)
  • Ankerlöcher (Verschlussart, Konen)
  • Porigkeit (Porigkeitsklassen, „Lunker“)
  • Bautoleranzen (Ebenheit, zulässige Toleranzen)
  • Einbauteile (z.B. Lampen, Handläufe)
  • Kantenausbildung (scharf, Fasen)
  • Beanstandungen (Reparaturgrenzen)
  • Hinweise zum Abstandshalter
  • Vertrag („vertragen“, Schiedsgutachten)
  • Betonkosmetik (zulässig ?)
  • Bauabnahme (Betrachtungsabstand usw.)

Die Schalung muss absolut wasserundurchlässig sein, d. h. Verfärbungen bzw. Strukturabweichungen an der Sichtbetonoberfläche durch Schalungsundichtigkeiten sind unzulässig.

Vorsorgemaßnahmen, u. a. zur Vermeidung von „Schuhabdrücken“ usw., müssen getroffen werden.

Sichtbeton-Betonzusammensetzungen / Betontechnologische Vorgaben
Bereits im Rahmen einer Rezepturentwicklung sind neben der allgemein üblichen Erstprüfung im Sinn der DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 die Sichtbetoneigenschaften der Rezepturen zu überprüfen.

Erprobungsflächen, Musterflächen, Referenzflächen (Ortbeton)
Zwecks „Übung“ des Sichtbetons sind „Erprobungsflächen“ in den Untergeschossen vorzusehen, die in der Ausführungsplanung gekennzeichnet sind. Sie sind so zu wählen, dass sie hinsichtlich ihrer Abmessungen (Decken-, Wanddicke), Öffnungen (Aussparungen), Bewehrungsgrad (Stahlmenge), Schalungsgrad (Verhältnis Beton zur Schalfläche) usw. dem geplanten Bauwerk (M 1:1) entsprechen.

Alle Sichtbetonanforderungen und Herstelltechnologien sind an diesen Erprobungsflächen / Muster-flächen zu erfassen (z. B. Ankerlöcher, Schalhautstöße, Arbeitsfugen, Eckausbildung, Schutz der Anschlussbewehrung usw.). Aus geeigneten Erprobungsflächen sind Ansichtsflächen auszusuchen, die die vertragliche Referenz definieren, sog. „Referenzflächen“.

Es ist ein „Abnahmeprotokoll“ (Fotodokumentation) zu erstellen, welches Grundlage für die zukünftige Sichtbeton-Beurteilung wird.

Muster Sichtbetonfertigteile
Sinngemäß wie vor. Die Betonoberflächen-Seiten werden unterteilt in:

  • Geschalte Seiten
  • Einfüllseite

Anforderungen an die Einfüllseite (nichtgeschalte Seite) sind besonders zu beschreiben, u. a.:

  • Abgezogene Oberflächen
  • Abgeriebene Oberflächen
  • Handgeglättete Oberflächen
  • Flügelgeglättete Oberflächen
  • Gerollte Oberflächen
  • Oberflächen mit Besenstrich
  • usw.

Abstandhalter
können sich an der Sichtbetonoberfläche abzeichnen, daher ist eine systematische Verlegung/Planung erforderlich. (Siehe DBV/VDZ-Merkblatt „Abstandhalter“)

Die DIN EN 1992-1-1 gibt Angaben zum Vorhaltemaß, Verlegemaß usw. als Grundlage zur Mindestbe-tondeckung, aus der die unterschiedlichen Abstandhalter gewählt werden können. Eine Bemusterung der Abstandhalter sowie entsprechende Hinweise im Leistungsverzeichnis sind daher erforderlich und schriftlich zu vereinbaren.

Ankerlöcher
Die Ankerlöcher der Schalung sind mittels Vorsatz-Konen (Durchmesser ca. 40 mm) auszubilden, ab-zudichten und mit entsprechenden Betonstöpseln aus Beton gleicher Farbe zu verschließen (Grenz-muster). Die Betonstöpsel müssen bezüglich der Wandoberfläche 7 mm nach innen versetzt angeord-net sein. Es sind Betonstöpsel in mindestens 5 verschiedenen Farben (Farbtönen) vorzuhalten, um diese dem Farbton der jeweils vorgefundenen Betonfläche anpassen zu können.

Bewehrung
Auch bei dichter Bewehrung ist durch den AN durch geeignete Maßnahmen eine gute Einbringung und Verdichtung des Betons sicherzustellen, z. B. durch Einsatz von an die Bewehrungsabstände („Rüttel-gassen“) angepassten Rüttlern. Die Architekten-Bauleitung hat dies ständig zu überprüfen und bei Abweichung sofort den Tragwerksplaner zu informieren. Die Lagerung der Bewehrung hat grundsätzlich witterungsgeschützt zu erfolgen. Es ist nichtrostender Bindedraht zu verwenden. Rostabzeichnungen auf der Schalung bzw. der Betonoberfläche ist unzu-lässig.

Schalungsstoß
Die Arbeitsfuge ist so auszuführen, dass zwischen unterem und oberem Betonierabschnitt lediglich eine minimale Kante von max. 3 mm entsteht. Die Schnittkanten müssen wieder lackiert bzw. imprägniert werden. In die Nut wird ein Schalungsfu-genband (geschlossenzellig, nicht saugend) eingeklebt. Die Tafel ist exakt auszurichten. Es ist für ein gleichmäßiges Anliegen/Anpressen der Schalung und Dichtung Sorge zu tragen. Hierzu wird der Ein-satz von Drehmomentschlüsseln bzw. Vorspanneinrichtungen empfohlen.

Die Schalung/Fuge muss absolut wasserundurchlässig sein.
Verfärbungen der Betonfläche aufgrund undichter Schalung (Veränderung Wasser-Zement-Wert) sind nicht zulässig. Vor dem Verschluss der Schalung ist diese von der Bauleitung abnehmen zu lassen.

Nachbehandlung des Sichtbetons
Die Bauteile sind bis zum Ende der Bauzeit mit reißfesten Folien/Planen abzudecken und durch ge-eignete Maßnahmen zu schützen, insbesondere vor mechanischer Beschädigung. Vor und nach dem Betonieren von Deckenabschnitten sind darunterliegende Sichtbetonflächen auf Rostfahnen und an-dere Verschmutzungen zu prüfen und ggf. zu reinigen.

Eine Beschädigung der Sichtbetonbauteile, auch durch andere am Bau beteiligte Unternehmen wäh-rend der gesamten Bauzeit ist auszuschließen.

Die fertiggestellten Bauteile müssen mit Faserplatten mit UK oder Mehrschichtholzplatten vor Beschä-digungen geschützt werden. Der Schutz ist so anzubringen, dass er dauerhaft bis kurz vor der Ge-samtfertigstellung des Bauwerks das jeweilige Bauteil schützt. Der Schutz ist derart anzubringen, dass er zum Einbringen des Bodens partiell im unteren Teil zurückgebaut werden kann. Die hierzu notwen-digen Abstandhalter sind im Bereich der Konen bzw. Abspannlöcher anzuordnen. Ein Platzieren an anderer Stelle kann irreversible Schäden an der Betonoberfläche hervorrufen (Verfärbungen) und ist deshalb untersagt.

Maßtoleranzen
Es wird darauf verwiesen, dass insbesondere bei den Schalungsaufdoppelungen für Zargennischen der Türen, Aufzugstüren und Fenster auf eine sehr hohe Maßhaltigkeit geachtet werden muss! Zargen müssen auf der angeschlagenen Seite so gesetzt werden, dass das (ggf. bauseitige) Bauele-ment bündig zur Oberfläche der Betonwand sitzt. Auf der Gegenseite muss die Zarge in der Betonni-sche verschwinden. Die Maßhaltigkeit darf im Lot 3,0 mm nicht überschreiten. Das Verfüllloch zum Zargenverguss ist mit dem Architekten abzustimmen. Die für das Bauwerk geltenden Grenzabweichungen sind gemäß DIN 18202 Tabelle 1 Spalte 4 einzu-halten, die Grenzwerte für die Ebenheitsabweichungen sind gemäß DIN 18202 Tabelle 3 Zeile 4 und Zeile 7 einzuhalten.

Jahreszeitliche Einflüsse auf die Sichtbetonausführung
Aufgrund der hohen Anforderungen an die Sichtbetoneigenschaften wird die Baustelle bezüglich der Durchführbarkeit von Arbeiten sehr witterungsabhängig sein. Vor allem niedrige oder sehr hohe Tem-peraturen oder Niederschlag lassen die Erstellung von hochwertigen Sichtbetonflächen nicht zu. Grundsätzlich sind für Betonagen bei winterlichen Umgebungsbedingungen die Regelungen der DIN 1045 3 sowie des DBV-Merkblattes „Betonieren im Winter (Fassung August 1999, redaktionell überar-beitet 2004) zu beachten.

Qualitätssicherung Sichtbeton
Der AN hat für die gesamte Bauzeit vorzuhalten: Betoningenieur mit nachgewiesenen Erfahrungen im Sichtbetonbereich. (Der Nachweis der Qualifikation des Betoningenieurs ist mit dem Angebot abzugeben.)

Auf Grundlage des Sichtbeton-Anforderungsprofils des AG hat der AN (spätestens 4 Wochen nach Auftragserteilung) dem AG eine Broschüre „Sichtbetonkonzept“ vorzulegen, aus dem hervorgeht, durch welche Maßnahmen die Anforderungen aus der Architektenplanung und Ausschreibung die hochwertige Sichtbetonausführung zielsicher erreicht werden, u. a. Betonierplan (drei Tage vor Beginn der jeweiligen Arbeiten), u. a. mit Betonrezeptur, Ausführung, Kontrolle, Wettervorhersage, Aus-schalfristen, Nachbehandlung usw.

Der AN hat für jede Sichtbetonarbeiten ein Protokoll sowie Fotodokumentation zu erstellen und spä-testens wöchentlich dem AG als PDF-Datei zur Verfügung zu stellen. Vor dem Verschluss der Schalung, d. h. vor dem Betonieren hat eine gemeinsame Überprüfung (durch den Bauleiter des AN + AG) zu erfolgen einschl. Protokoll im Hinblick auf die absolute Dichtigkeit der Schalungsstöße und weitere Anforderung gem. Planung.

Vom AN ist eine Namensliste der Mitarbeiter zu erstellen und dem AG vor Baubeginn vorzulegen, die „verantwortlich“ sind (für die gesamte Dauer der Bauzeit) u. a. für

  • Reinigung der Arbeitsfuge vor Verschließung der Schalung
  • Ausführung/Überprüfung der Dichtigkeit von Schalungsstößen/Ankerlöcher/Arbeitsfugen
  • Ausführung der Abstandhalter
  • Auftrag der Trennmittel

Hinweis

Es müssen immer dieselben Handwerker diese Leistungen ausführen. (Bereits bei den Erprobungsflächen im Untergeschoß, d. h. „wechselnde“ Handwerker sind unzulässig.)

Es ist ein Sichtbetonteam zu berufen, bestehend u. a. aus:

  • Bauherrenvertreter
  • Architekten Mitarbeiter
  • Tragwerksplaner Mitarbeiter
  • Betontechnologen des AN
  • Transportlieferanten Mitarbeiter
  • Schalungshersteller Mitarbeiter
  • öbuv Sachverständiger für Sichtbeton (als Schiedsgutachter, z. B. Dipl.-Ing. Joachim Schulz)

Rückbau bei Nichterreichen der Sichtbetonqualität
Sollte ein Rückbau vom AG aus technischen oder terminlichen Gründen ausgeschlossen werden, so entstehen Minderungsansprüche i. H. des 10-fachen des Neubauwerts. Diese Minderungsansprüche bestehen dabei nicht allein für die unmittelbar nicht vertragskonformen Teilflächen, sondern darüber hinaus auch für die Flächen, die durch die bereichsweise mangelhafte Sichtbetonqualität beeinflusst werden. Beinhaltet sind daher auch jene Flächen eines Bauteils, die im üblichen Betrachtungsabstand vom Betrachter mit erfasst werden.